Bereits 2017 habe ich ein Konzept für einen Makerspace in Schule oder Medienzentrum geschrieben, den ich hier endlich mal veröffentlichen möchte, vielleicht kann es jemand brauchen. Inzwischen ist der Raum schon umgesetzt (siehe Fotos).

Schulische Kompetenzen im „Digitalen Wandel“
Schülerinnen und Schüler erproben und erlernen in außerschulischem Rahmen MINT-spezifische Kompetenzen, die insbesondere die zentralen Ideen des neuen Medienpasses des Landes NRW umfassen. Dabei stehen die folgenden sechs Kompetenzbereiche im Mittelpunkt.
„Bedienen und Anwenden“ beschreibt die technische Fähigkeit, Medien sinnvoll einzusetzen und ist die Voraussetzung jeder aktiven und passiven Mediennutzung.
„Informieren und Recherchieren“ umfasst die sinnvolle und zielgerichtete Auswahl von Quellen sowie die kritische Bewertung und Nutzung von Informationen.










„Kommunizieren und Kooperieren“ heißt, Regeln für eine sichere und zielgerichtete Kommunikation zu beherrschen und Medien verantwortlich zur Zusammenarbeit zu nutzen.
„Produzieren und Präsentieren“ bedeutet, mediale Gestaltungsmöglichkeiten zu kennen und kreativ bei der Planung und Realisierung eines Medienprodukts einzusetzen.
„Analysieren und Reflektieren“ ist doppelt zu verstehen: Einerseits umfasst diese Kompetenz das Wissen um die wirtschaftliche, politische und kulturelle Bedeutung von Medien, andererseits die kritische Auseinandersetzung mit Medienangeboten und dem eigenen Medienverhalten. Ziel der Reflexion ist es, zu einem selbstbestimmten und selbstreguliertem Umgang mit der eigenen Mediennutzung zu gelangen.
„Problemlösen und Modellieren“ bezieht sich auf das Entwickeln von Strategien zur Problemlösung, Modellierung und Zerlegen in Teilschritte (beispielsweise mittels Algorithmen). Es werden digitale Werkzeuge zur Umsetzung von Problemlösestrategien verwendet und die Entwicklung von Informationstechnologie und deren Einfluss auf die Gesellschaft reflektiert.
Für das Medienzentrum bzw. das Kompetenzteam des Rhein-Kreises Neuss ist die Einrichtung eines Schulungsraums, wie er hier skizziert wird, wesentliche Voraussetzung zur Umsetzung einer zukunftsorientierten Fortbildung im Kompetenzbereich 6 des Medienpasses. Lehrerinnen und Lehrer werden in der Nutzung digitaler Geräte und Medien zielgerichtet geschult und auf die unterrichtliche Umsetzung der Kompetenzen des Medienpasses NRW in ihrem jeweiligen Fachunterricht im Rahmen von Lehrerfortbildungen vorbereitet.
Nutzungskonzept
Makerspace als außerschulischer Lernort
Der „Maker Space for Kids“ soll vor allem im Vormittagsbereich (als Ziel für MINT-basierte Unterrichtsgänge) als außerschulischer MINT-Lernort konzipiert sein. Hier können Schulklassen aller Jahrgänge altersspezifisch passende Angebote auswählen und so selbst aktiv digitale Prozesse erproben und anstoßen. Dieser Bereich wird sinnvollerweise in enger Kooperation mit dem ZDI und seinem Dozentenpool verwirklicht. Denkbar wäre es weitere Projektpartner zur Durchführung entsprechender Angebote (VHS, Kreisjugendamt, o.ä,) zu gewinnen.
Makerspace als Ort für Lehrerfortbildung
Im Nachmittagsbereich werden Lehrerfortbildungen zu den verschiedensten Angeboten des Maker-Raumes angeboten. Diese können sich sowohl überblicksartig auf alle Angebote des Raumes beziehen, aber auch einzelne Materialien und Geräte des Raumes umfassen. Im Vordergrund steht dabei die Durchführung von Fortbildungen durch das Kompetenzteam und die Medienberater vor Ort. Auch das in Neuss beheimatete Zentrum für schulische Lehrerbildung könnte bei der Referendarsausbildung auf die Räumlichkeiten zurückgreifen.
Makerspace für Medienwochen in den Ferien
Zudem finden in diesem Raum z.B im Rahmen von Medienwochen (Programmieren, Film, usw.) in den Ferien regelmäßig schulunabhängige, für Schülerinnen und Schüler aller Schulen des Kreises gedachte angeleitete Workshops statt. Wie bisher sollen diese insbesondere durch die Kooperation mit dem ZDI durchgeführt werden.
Makerspace für offene oder angeleitete Wochenendaktivitäten
Selbstverständlich sollen in diesem Raum auch außerschulische MakerSpace-Aktivitäten in regelmäßigen Abständen, z.B. an Samstagen stattfinden, die mit Hilfe verschiedener Partner z.B. dem ZDI, der VHS sowie ggf. dem Repaircafe verwirklicht werden können. Sinnvoll scheint auch eine Einbindung der verschiedenen Jugendämter.
Makerspace für Elternabende zum Umgang mit digitalen Medien
Schließlich lassen sich in diesem Rahmen auch gezielt Elternabende durchführen, die zum Ziel einen reflektierten Blick von Eltern, auch auf spielerischen Umgang mit digitalen Medien und Inhalten, hat. Für diesen Zweck müssten weitere Partner z.B. die Jugendämter gewonnen werden.
Gestaltung des Raums
Im Gebäude des Medienzentrums findet sich im Untergeschoss ein ca. 120 qm großer Raum, der bisher zur Lagerung von Geräten, aber vor allem von Medien (DVDs, VHS-Kassetten, 16mm-Filme genutzt wurde. Mit der zunehmenden Online-Nutzung unseres Filmangebotes (statt 9.000 Online- Ausleihen 2015, wurden schon 2016 insgesamt mehr als 16.000 Online-Ausleihen in Anspruch genommen) nimmt der physische Verleih stetig ab, was sicher auch den Empfehlungen der Medienberater zu verdanken ist. Teile des Lagerraums werden von der Bewegungswerkstatt als Lagerraum genutzt.
In einem weiteren Raum (Raum 2) werden momentan einige Geräte ausgestellt. Ein dritter Raum (Raum 3) dient den Mitarbeitern des Medienzentrums als Büroraum.
Zukünftige Nutzung
Der große Lagerraum wird zu einem MakerSpace umgestaltet. Dort finden sich außer flexibel nutzbaren Tischen, zahlreiche abschließbare, deckenhohe Einbauschränke für weiteres Material, Werkbank etc. Für eine ausreichende Stromversorgung etwa durch von der Decke hängende Stromwürfel sowie durch ausreichende Mengen von im Raum verteilten Steckdosen muss gesorgt werden. Der Raum muss über ein stabiles WLAN verfügen. Flächendeckend müssen zudem Netzwerksteck-dosen installiert werden.
Der Raum wird mit einer Ausleih-Theke links vom Eingangsbereich von DVD- Ausleihe und Gerätelager abgetrennt. Hinter dieser Theke finden in Zukunft die Mitarbeiter der Ausleihe ihren Platz.
Hinter dieser Theke sowie in Raum 2 werden sämtliche DVDs sowie die Geräte zur Ausleihe gelagert. Raum 3 besitzt einen Zugang zur Bewegungswerkstatt und kann mithin zu Lagerzwecken von dieser in Anspruch genommen werden.
Aufbau
Der „MakerSpace“ wird i.d.R. in Stationen organisiert, digitale Probier-Inseln bereitgestellt, die im Rahmen von Schülerprojekten sowie in der Lehrerfortbildung mit jeweils unterschiedlicher Zielrichtung genutzt werden können.
Insbesondere zeichnet sich der Raum aber durch eine im höchsten Maße flexible Struktur aus, was die Möblierung angeht, so dass sich auch Lehrerfortbildungen, freie Maker-Space- Aktivitäten, selbständige Lehrer- oder Schüleraktivitäten, mehrtägige Kursangebote für Schülergruppen sowie Vormittagsveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler ohne größeren Aufwand realisieren lassen. Dabei steht eine praktische, z.T. auch spielerische Auseinandersetzung mit verschiedensten digitalen Angeboten im Vordergrund.
So soll in Anknüpfung an die o.g. Medienpass-Kompetenzen zahlreiche Möglichkeiten bestehen, die aber jederzeit flexibel an andere Nutzungsszenerien angepasst werden können und damit als zukunftssicher gelten kann. Im Makerspace sollen zur Nutzung vor Ort auch Unterrichtsmaterialien und sinnvolle Fachliteratur für Lehrerinnen und Lehrer und andere interessierte zur Verfügung gestellt werden.
Im Raum muss die Gelegenheit bestehen auf einem großen, ggf. interaktivem Bildschirm Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit für die gesamte Gruppe zu präsentieren.
Denkbare Stationen – flexibel gestaltbar
Variante 1: Für Schüler und Lehrer in der Grundschule
Station 1: Programmieren mit Lego-WeDo
Station 2: Schaltungen und Programmieren mit Calliope Mini Station 3: StopMotion-Filme mit dem iPad
Station 4: Erste Schritte im Programmieren mit Osmo-Sets Station 5: Ozebots als Einstieg in die Idee des Programmierens Station 6: Schritt für Schritt zur Programmier-Idee: LittleBits Station 7: Planen und Platten am Computer
Station 8: Coding-Geschichten mit Swift Playground (iPad) Station 9: Der Mini-Roboter Thymio
Station 10: Ohne Computer: Programmieren auf dem Schachbrett Station 11: Scratch programmieren für Grundschüler
weitere Stationen lassen sich jederzeit integrieren und ergänzen.
Variante 2: Für Schüler und Lehrer der Sekundarstufe
Station 1: Programmieren einer Drohne mit Swift Playground Station 2: Lego-Roboter EV3 mit dem iPad programmieren Station 3: StopMotion-Filme mit dem iPad
Station 4: Film und Foto-Effekte mit der Greenscreen
Station 5: Programmieren mit Scratch auf dem Raspberry Pi
Station 6: Reise um die Welt mit Cardboard-BrillenGoogle Expedition Station 7: Ein Objekt für den 3D-Drucker entwickeln und drucken Station 8: Programmieren, löten und mehr mit dem Arduino
Station 9: MakeyMakey als Eingabegerät kennen lernen und nutzen Station 10: Einstieg in die Programmierung: FischerTechnik Robotics Station 11: SmartphoneApps programmieren mit dem AppInventor (MIT) Station 12: Programmieren mit Minecraft
weitere Stationen lassen sich jederzeit integrieren und ergänzen.
Der neue Medienpass des Landes NRW als Kompetenzrahmen
Bedienen und Anwenden
Bei fast allen Aktivitäten im MakerSpace ist der Kompetenzbereich Bedienen und Anwenden zentral. Im Umgang mit den verschiedensten Geräten (siehe Liste unten) wird stetig Beidn- und Anwendekompetenz trainiert.
Kommunizieren und Kooperieren
Beim Umgang mit den Geräten ist zudem auch die Fähigkeit analog und digital zu Kommunizieren und zu Kooperieren insbesondere bei dieser Form des Arbeitens zentral (siehe Pädagogisch-didaktische Gründe am Ende des Textes).
Produzieren und Präsentieren
FILME DREHEN UND ZU PRODUZIEREN
• StopMotion-Filme
• Green-Screen-Filme
• Filmschnitt (auch im hauseigenen Computerraum)
AUDIO-AUFNAHMEN ERSTELLEN (IN ENGER ABSTIMMUNG MIT DEM TONSTUDIO IM HAUS) • Hörspiele
• Podcasts
• Musikalische Produktionen
FOTOGESTALTUNG
• Erstellung eines Medienportfolios
• Fotomanipulation
Problemlösen und Modellieren
• Programmierung mit Scratch, Swift-Playground u.a. unter Nutzung von Lego-Robotern (EV3 & WeDo), Drohnen,
• Planung und Testen von 3D-Druck im Rahmen von Projekten
• Bau eines eigenen 3D-Druckers
• Einsatz des MakeyMakey
• Einfaches Porgrammieren mit dem Ozobot
• Osmo Coding
• Teilnahme an der Hour of Code
• Informieren und Recherchieren
• Nutzung von Google-Cardboard-Brille (Virtual Reality) mit dem Smartphone
• zielgerichtete Recherchen
Aktuelle Ausstattung des Medienzentrum des Rhein- Kreis Neuss zur Nutzung im MakerSpace
FÜR ALLE JAHRGANGSSTUFEN SOWIE DIE LEHRERFORTBILDUNG STEHEN ZUR VERFÜGUNG:
• einfache Greenscreen-Technologie
• iPads, Computer, Laptops, Monitoren, Audioaufnahme-Geräte, Video- und Fotokameras • 3D-Drucker
• Schneide-Plotter
• Elektronische Materialien (LEDs, Steckbretter, Kabel usw.)
• Lötkolben
• weiteres Werkzeug
• Bastelmaterialien (Papier, Stoffreste, Pfeifenreiniger)
• Lego-Figuren und weiteres Lego
• ….
FÜR DEN GRUNDSCHULBEREICH WÄREN INSBESONDERE ZU ERWÄHNEN:
• Lego-Roboter WeDo • OSMO-Sets
• Calliope Minis
• LittleBits
• VR-Brillen
FÜR DEN SEKUNDARBEREICH KÖNNEN GENUTZT WERDEN:
• Arduino
• Raspberry Pi (auch zur Programmierung) • Legoroboter (EV3 – Sekundarstufe)
• Programmierbare Drohne
• verschiedene andere Roboter-Produkte
TYPISCHE SOFTWAREPRODUKTE, AUF DIE IN DIESEM ZUSAMMENHANG ZURÜCKGEGRIFFEN WERDEN KÖNNTE WÄREN:
• Programmieren mit Scratch
• Programmieren mit Swift Playground
• Scratch
• Python
• Hour of Code
• App Inventor
• ….
Hinweis: Ein Teil der oben genannten Geräte stehen im Medienzentrum ohnehin zum Teil zur Ausleihe, zum Teil zur Nutzung bereit und müssen nicht zusätzlich angeschafft werden.
Flexible Personalgestaltung
Es stehen über das im Hause vertretene Kompetenzteam auch zahlreiche Fach-Moderatoren für die Durchführung von Lehrerfortbildungsveranstaltungen zur Nutzung digitaler Medien in allen Fächern zur Verfügung, die den Raum nutzen könnten.
Pädagogisch-didaktische Gründe für die Einrichtung
„Aus Perspektive der Lern- und Bildungsansätze begründet sich das Interesse an Making v.a durch das aktive Konstruieren und Gestalten von Kindern und Jugendlichen: Ansätze, die eine Gestaltung, Herstellung, Veränderung nicht nur von Inhalten, sondern auch von Gegenständen,Technologien, Abläufen und ähnlichem ermöglichen, fassen wir unter Konstruktionstätigkeiten. Zorn (2010) fasst so Programmieren, Konstruieren, Installieren und Administrieren als medientechnologische Konstruktionsaktvitäten zusammen. MakingAktivitäten mit digitalen Technologien sind so in der Tradition der lerntheoretischen Ideen des „Konstruktionismus“ aus dem US-amerikanischen Raum zu sehen, rund um die Gruppe von Seymour Papert am MIT. Papert entwirft den Konstruktionismus (Achtung, nicht „Konstruktivismus“) als „Lernen durch Machen“ (Papert & Harel, 1991: 1), bei dem die Lernenden Werkzeuge nutzen, um Wissen zu konstruieren. Wenn Kinder aus Seifenblöcken Figuren schnitzen, dann haben sie Zeit, in denen es möglich ist, „zu denken, zu träumen, zu staunen, neue Ideen zu bekommen, etwas auszuprobieren, etwas sein zu lassen oder auch nicht locker zu lassen, Zeit zum Sprechen, die Arbeit von anderen und ihre Reaktionen zu sehen“ (Papert & Harel, 1991: 1; eig. Übersetzung; s.a. Schön, Ebner & Kumar,2014).
Die kreative Arbeit mit digitalen Werkzeugen bei Kindern und Jugendlichen ist zwar etwas Neues; es baut jedoch auf ältere Entwicklungen auf oder kann auf existierenden, oft reformpädagogischen Konzepten und Erfahrungen der Pädagogik aufbauen. So gibt es im 19. Jahrhundert einige Reformpädagogen, die Gegenstände und das Arbeiten mit ihnen als wesentliche Lernerfahrung Wert schätzten.
So können Maria Montessori mit ihren vorgefertigten Lernmaterialien oder Célestin Freinet, der seine Schüler Zeitungen drucken ließ angeführt werden (vgl. auch Schelhowe, 2013: 95). Anschlussfähigkeit an diese Theorien ist insofern gegeben, als die Auseinandersetzung mit Gegenständen sowie die Herstellung von Dingen, Ideen und Konzepten durch Gegenstände im Vordergrund stehen. Ein Unterschied ist darin zu sehen, dass mit digitalen Technologien auch Kenntnisse über generelle, nicht vorab hergestellte bzw. nicht vorgeplante oder intendierte abstrakte Prinzipien von Programmierung verstehbar werden können. Reformpädagogische Entwicklungen und Erfahrungen rund um das offene Lernen, d.h. Methoden, bei denen Kinder und Jugendliche über Lernziele und -wege bestimmen können, sind ebenso eine Grundlage für Making-Aktivitäten, bei denen langfristig selbstorganisiertes Lernen ermöglicht werden soll.
Die sich durch Making-Aktivitäten mit digitalen Technologien bietenden Lernchancen können darin gesehen werden, eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen von Computertechnologie anzuregen, und hier Programmierung, Algorithmen sowie abstrakte mathematisch-logische Formulierungen als Steuerung von Technologien zu erkennen. In einer technisierten Gesellschaft, in der programmierte Maschinen und datenverarbeitende Algorithmen in diversen Anwendungen und Geräten unseren Alltag prägen, kann dies als eine wichtige Grundlage von selbstbewusster, selbstbestimmter reflexiver Lebensgestaltung gesehen werden.“
Aus: Sandra Schön, Martin Ebner und Kristin Narr (2016) (Hrsg.): Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen. Handbuch zum kreativen digitalen Gestalten.
Mein vollständiger Text: CC BY Marc Albrecht-Hermanns, 2017